01. 12. 2025
Verfasst von: Hanna Ehlert, Jörn Ostermann
KI bewertet Sprachfähigkeit objektiv und alltagsnah
Sprache als Schlüssel zur Welt – das ist nicht nur eine schöne Metapher, sondern harte Realität. Sprachentwicklungsstörungen im Kindesalter verringern Teilhabe und Bildungserfolg drastisch. Ein interdisziplinäres Forschungsteam der Leibniz Universität Hannover entwickelt KI-basierte Anwendungen, um sprachlichen Förder- und Therapiebedarf leichter zu diagnostizieren. Mithilfe automatisierter Analyse-Werkzeuge können Therapiemaßnahmen rechtzeitig und passgenau eingeleitet werden. Das Start-up Phonomatics will diese Entwicklungen in die Praxis überführen.
KI vereinfacht Diagnostik der Sprachentwicklung
Erfolgreicher Spracherwerb ist elementare Voraussetzung für die Teilhabe in relevanten Lebensbereichen, für den Bildungserfolg und spätere Karrierechancen. Sprachentwicklungsstörungen sind mit einer Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) von zirka sieben Prozent die häufigste Entwicklungsstörung im Kindesalter und der mit Abstand häufigste Diagnoseschlüssel zur Verordnung sprachtherapeutischer Leistungen. Um die Auswirkungen einer Sprachentwicklungsstörung auf weitere Bereiche der kindlichen Entwicklung zu minimieren, ist es essentiell, den sprachlichen Förder- und Therapiebedarf frühzeitig zu identifizieren.
Automatisierte Sprachanalyse und Lesediagnostik
KI-basierte Automatisierung hat das Potenzial, Lösungen für alltägliche Herausforderungen in der Diagnostik zu bieten, zum Beispiel bei Fachkräftemangel, fehlender diagnostischer Ausbildung und unzulänglichen Diagnostikverfahren. Ein interdisziplinäres Team der Leibniz Universität Hannover erforscht gemeinsam KI-basierte Anwendungen, die sowohl eine systematische Spontansprachanalyse (TALC-LSA) als auch Lesediagnostik (TALC-DIRA) vollautomatisiert ermöglichen. „Dabei setzen wir schon jetzt erfolgreich verschiedene Verfahren der automatischen Spracherkennung und -verarbeitung ein, um Kindersprache zu analysieren“, berichtet Projektleiterin Dr. Hanna Ehlert. „Dadurch wollen wir deren sprachliche und schriftsprachliche Fähigkeiten zeitsparend, objektiv, wissenschaftlich fundiert und dabei gleichzeitig individuell und alltagsnah bewerten.“
Häufigere und umfassendere Sprachdiagnostik
Ein essentieller Baustein der Methode ist die automatische Transkription der Kindersprache. Diese wird anschließend im Hinblick auf mündliche Leistungen wie Wortschatz, Grammatik und Aussprache oder auf schriftsprachliche Leistungen wie Lesegeschwindigkeit und -genauigkeit durch KI analysiert und durch Fachkräfte verifiziert. In diesem Zusammenhang erforscht das Team auch neuartige sprachdiagnostische Maße, zum Beispiel Betonungsmuster beim Sprechen und Lesen, die manuell, ohne eine KI-gestützte Software, nicht umsetzbar sind. „Unsere Forschung und unser Start-up Phonomatics sollen dazu beitragen, allen Kindern sprachlich einen guten Start auf ihrem Bildungsweg zu ermöglichen“, betont Hanna Ehlert, „indem der Sprachentwicklungsstand in Kitas oder in logopädischen Praxen häufiger und umfassender erhoben werden kann.“ Mit den innovativen KI-unterstützten Methoden können Förder- oder Therapiemaßnahmen rechtzeitig und passgenau eingeleitet werden. Das Gründungsteam Phonomatics wird im EXIST-Forschungstransfer gefördert, um diese Entwicklungen in die Praxis zu bringen.
Hier finden Sie weitere Informationen:
Institut für Sonderpädagogik
Abteilung Sprach-Pädagogik und -Therapie
Institut für Sonderpädagogik
Abteilung Sprach-Pädagogik und -Therapie
Institut für Informationsverarbeitung, Forschungszentrum L3S
Institut für Informationsverarbeitung, Forschungszentrum L3S
30169 Hannover
30169 Hannover